"Eine Bühne. Ein Blick."

- Turid Mülller -

Hamburger Sprechwerk

 

Schauspielerin und Polit-Chanson-Sängerin Turid Müller führt ein berufliches Doppelleben: Tagsüber seriöse Therapeutin. Nachts Schauspielerin auf den Bühnen der Republik. Uns erzählt sie aus ihrem Leben als Teilzeitrebellin.

 

Warum wolltest du Schauspielerin werden und warum bist du zum Theater gegangen?

Ich gehöre zu dieser Sorte Mensch, die ohne Kunst nicht kann. Und meine Kanäle sind da die Bühne, die Musik und das Schreiben - von meinen Songs, von Liedtexten für anderen, von Musicals.

 

Standest du auch schon als Kind oder Jugendliche auf der Bühne?

Meine ersten Erfahrungen habe ich im Schultheater gesammelt. Zusammen mit einem Klassenkameraden habe ich die Szenen und Dialoge selbst entworfen. Das hat mich geprägt: Den ganzen Prozess zu gestalten.

 

Welche Rolle würdest du gerne mal spielen?

Es ist nicht so sehr eine spezielle Rolle, die mich lockt. Ich bin ein Fan der Wittenbrink-Liederabende. Da würde ich gern mal mitspielen.

 

Turid Müller
Foto: Torge Niemann

Was wärst du geworden, wenn du heute keine Schauspielerin wärst?

Eine Psychologin, die ihre un-ausgelebte Kreativität an ihren Patient*innen auslassen muss. (lacht)

 

Was war das schönste Erlebnis oder die skurrilste Begegnung vor/auf/hinter der Bühne in deiner bisherigen Laufbahn als Schauspielerin?

Ich bin ja in meinem Chanson-Abend sozusagen als singende Psychologin auf der Bühne, denn ich führe ein berufliches „Doppelleben“. Neulich kam eine Zuschauerin im Anschluss zu mir und sagte: "Wie schön, dass man mit Psychologie auch was Anständiges machen kann!" – Sie war selbst auch Therapeutin.

 

Gibt es Kolleg*innen, die dir als Mentor*innen zur Seite stehen oder standen?

Ohne Franki Anderson, meine Impro-Trainerin, hätte ich vielleicht den Schritt zur Schauspielschule nicht gewagt. Mein Gesangslehrer, Thomas Maxeiner, sagte irgendwann: "So, und jetzt singen wir keine Arien und Musicals mehr, sondern nur noch deine eigenen Lieder!" Und die Grande Dame des Songtextens, Edith Jeske, hat mir den nötigen Stups gegeben, meine Lyrics aus der Schublade zu befreien und auf die Bühne zu bringen.

 

Was ist das Besondere am Hamburger Publikum?

Gerade im Sprechwerk, meinem Hamburger Heimathafen, fällt mir die Bereitschaft zu Tiefgang auf. Und die Fähigkeit, auch den feinsinnigen, schlauen U-Boot-Humor zu genießen. Das weiß ich sehr zu schätzen.

 

Warum sollte der Hamburger lieber ins Theater gehen, anstatt einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher zu verbringen?

Nach der Corona-Krise gilt sicher noch mehr als vorher: Die lokale Kulturszene unterstützen – gerade auch die Subkultur. Sonst gibt es irgendwann nur noch die Wahl zwischen Elbphilharmonie und DSDS. Und außerdem gilt: Abenteuer gibt es nur analog!

 

Teilzeitrebellin auf Tour
Foto: Turid Müller

Was erwartet die Besucher*innen in deinem Chanson-Programm Teilzeitrebellin?

Unbequeme Themen, Politik und die eigenen Gefühle.  - "Erholsam gegen den BlaBla-Mainstream!" kommentierte neulich ein Zuschauer. Und oft kommt: "Ich bin total verheult – danke, für den schönen Abend."

 

Gibt es eine Anekdote zu dem Stück zu erzählen?

Der Titel Teilzeitrebellin entstand durch Zufall: Ich schrieb online mit einem Kollegen Songs und wir tauschten uns über unseren Werdegang aus. Zum Kleinkünstlertum qualifiziert ja normalerweise das so genannte „erfolgreich abgebrochene Studium“. Ich schrieb, da könne ich nicht mithalten, ich sei da wohl eher eine Teilzeitrebellin.

Blickpunkte