"Eine Bühne. Ein Blick."

- Anne Schieber -
Hamburger Kammerspiele

 

Die Schauspielerin Anne Schieber ist am 27. Januar & 28. Februar in der hochpolitischen Produktion Lebensraum an den Hamburger Kammerspielen zu sehen. Das politisch fast tagesaktuelle Stück entstand bereits in den neunziger Jahren und zeichnet das Bild eine Gesellschaft, in der antijüdische Ressentiments und Fremdenfeindlichkeit erstarken und ein „Nie wieder“ mehr und mehr einem „Das wird man doch noch sagen dürfen“ Platz macht.

Wir haben sie zu ihrem schauspielerischen Werdegang, dem Leben am Theater, aber auch zu ihren Hamburger Geheimtipps befragt.

 

Wann wusstest du, dass du Theaterschauspielerin werden möchtest?

Ich war als Jugendliche fast täglich im Theater und fand es so toll, dass ich unbedingt Teil dieser Welt werden wollte.

 

Erinnerst du dich noch an deine erste Rolle? Wann war das und was?

Sie hieß Heulsuse, 1989, in einem Kinderstück über das Weinen an der WLB Esslingen. Die Dramaturgin schrieb auf die Premierenkarte „A star is born“. Unvergessen!

 

Lebensraum
Foto: Bo Lahola

 

Sowohl in der Kempowski-Saga als auch in Lebensraum geht es um deutsche Geschichte. Hat sich durch die intensive Auseinandersetzung damit, dein Blick auf die Geschichte verändert?

Eher erweitert als verändert. Ich habe viel Neues erfahren beim Kempowski-Projekt, natürlich über den Autor und seine Geschichte im östlichen Teil Deutschlands. Zudem erweiterte sich der Blick auf meine eigene Familiengeschichte, die ich nochmal mit ganz anderen Augen sehe. Ich habe erst jetzt den Mut und den Anlass gefunden, die Tagebücher meines Vaters, geschrieben an der Front und in Gefangenschaft, zu lesen und mich dem zu stellen.

 

 

  

 In Lebensraum geht es auch um wieder erstarkenden Antisemitismus und darum, dass sich die Geschichte durchaus wiederholen kann. Macht dir das, mit Blick auf die aktuelle politische Lage, Angst?

Ja, natürlich, sehr sogar. Was uns zu Menschen macht, ist die Fähigkeit zu analysieren und zu reflektieren. Das sollten wir anwenden, wenn es darum geht, etwas, das so verheerend und schrecklich und letztlich falsch war, nicht wiederkehren zu lassen. Deswegen berührt mich das "nie wieder" im Stück sehr. Wir alle können unseren Beitrag dazu leisten. Hass spaltet die Menschen und die Stärke der Menschen ist die Einheit. Hass ist keine Antwort auf gar nichts. Hass ist kein Begleiter für ein glückliches Leben.

 

Lebensraum
Foto: Bo Lahola

 

Welche Person hat dich in deinen vergangenen Theaterjahren am meisten beeindruckt?

Beeindrucken ist ein großes Wort. Es sind gleich mehrere: Mein Mann, Lina Beckmann, Joaquin Phoenix als „Joker“ und die Schüler*innen meiner Theater-AG.

  

Würdest du lieber nie wieder mit einem*r guten Regisseur*in arbeiten oder nie wieder eine große Rolle spielen?

Fiese Frage! Aber sicher: lieber nie wieder eine große Rolle spielen als nie wieder mit einem*r guten Regisseur*in zu arbeiten.

 

 

Wer verdient deiner Meinung nach Anerkennung, der*die immer vergessen wird?

Alle hinter der Bühne Arbeitenden, alle die zum Gelingen des Theaterabends beitragen, natürlich. Aber ehrlich gesagt: Ich vergesse dabei nie jemanden.

 

Wenn du in deinem Leben nur noch eine Rolle spielen dürftest, welche wäre das und warum?

Maria Stuart? Diese Sprache! Oder doch Tschechow? Shakespeare? Die Frage kann ich nicht beantworten.

Lebensraum
Foto: Bo Lahola 

 

Warum sollten die Hamburger*innen ins Theater gehen?

Es gibt in Hamburg so viele tolle Theater, tolle Schauspieler*innen, das ist ein Geschenk, das man wahrnehmen sollte. Es lohnt sich, denn Theater beflügelt, erweitert, erfreut und macht Spaß. Fertig.

 

 

 

 

Verrätst du uns deinen Lieblingsort in Hamburg?

Oh, da gibt es viele. Die Steinstufen an der Meenkwiese (mein Badeplatz), Strandperle, Entenwerder, Isemarkt, mein Garten, Eppendorfer Moor.

  

Was lernst du gerade, was du noch nicht so gut kannst?

Immer wieder, immer noch mehr: Gelassenheit, Ruhe, innerern Frieden, Meditation.

 

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