Von Klassikern bis zur Villa Kunterbunt
Das Thalia Theater hat sein Programm für die Spielzeit 2020/2021 vorgestellt – Felix Knopp und Hans Löw kehren nach Hamburg zurück
von Heinrich Oehmsen
Das Thalia Theater hat sich für die kommende Spielzeit einiges vorgenommen und will der Corona-Krise trotzen. „Kunst sucht sich Wege“, sagte Intendant Joachim Lux bei der Spielpressekonferenz im Mittelrangfoyer des Theaters am Alstertor. Zwölf Premieren will das Ensemble in der Saison 2020/2021 im Großen Haus stemmen, davon acht noch vor Weihnachten. Hinzu kommen noch fünf weitere Premieren in der Gaußstraße. Dort beginnt die Spielzeit bereits am 16. August, wenn die junge Regisseurin Charlotte Sprenger Opening Night nach einem Film des amerikanischen Regisseurs John Cassavetes zeigt. Ursprünglich sollte die Arbeit bereits in dieser Saison laufen, doch die Corona Pandemie verhinderte das. Obwohl der Probenbetrieb am Thalia Theater eingestellt war, ließ Sprenger nicht locker. Sie probte mit ihren Schauspielern per Zoom. Nun hat sie das Spiel wegen der noch geltenden Abstandsregeln kurzerhand in eine Open-Air-Aufführung verwandelt. Opening Night wird im Innenhof vor dem Eingang des Thalias in der Gaußstraße gespielt. Die Schauspieler, darunter Oda Thormeyer als Protagonistin, spielen mit Mikroports, die Zuschauer bekommen Kopfhörer.
Bevor sich der eiserne Vorhang am 30. August zu Antú Romero Nunes’ Schiller-Projekt mit dem Titel Ode an die Freiheit hebt, gibt es im Großen Haus am Alstertor zwei spannende Sonderveranstaltungen zur Wiedereröffnung des Hauses nach dem fünfmonatigen Lockdown. Jens Harzer, Träger des Ifflandringes, wird am 25. August Hölderlins Briefroman Hyperion vortragen und dabei vom Ensemble Resonanz musikalisch begleitet. Vier Tage später öffnen sich die Fenster des Theaters zum Alstertor hin und die Ensemblemitglieder werden kurze Monologe zur Eröffnung der neuen Spielzeit sprechen und reflektieren, wie der Alltag aussieht, wenn plötzlich alles auf den Kopf gestellt ist. Jette Steckel wird diese Fenster-Performance inszenieren, die im Rahmen eines Projektes des europäischen Theaternetzwerks „mitos 21“ entstanden ist.
Fünf Uraufführungen und deutsche Erstaufführungen stehen auf der Repertoire-Liste des Thalia Theaters, dazu gibt es eine Reihe von Klassikern von Shakespeare bis Tschechow. Sehr gespannt werden die Zuschauer auf die Dramatisierung von Dörte Hansens zweitem Roman Mittagsstunde sein, den die junge Regisseurin Anna-Sophie Mahler sich im Februar 2021 vornehmen wird. Auch Die Jakobsbücher von Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk sind ein riesiger Brocken, bei dem man sich fragt, wie die polnische Regisseurin Ewelina Marciniak die Vorlage in einem nur zweistündigen Theaterabend umsetzen will. Zwei Stunden sind das Maximum, was an Spielzeit nicht überschritten werden soll, um eine Pause zu vermeiden. Zurzeit wird auch ein neuer Saalplan erstellt, nur etwa 30 Prozent der 1.000 Plätze im Thalia dürfen wegen der geltenden Abstandsregeln verkauft werden.
Der Probenbetrieb ist seit einigen Wochen wieder aufgenommen worden. Besonders getroffen hatte es Antú Romero Nunes, der sich mit seinem Schiller-Projekt schon in den Endproben befand, als der Lockdown kam. Kabale und Liebe, Maria Stuart und Wilhelm Tell sind die drei Dramen, die er zu einem Abend verschweißt. Auch Leander Haussmann hat seine Arbeit an Molieres Der Geizige inzwischen fortgesetzt. Jens Harzer ist in der Titelrolle zu sehen. Die Premiere ist für den 12. September terminiert. Das traditionelle Kinder- und Jugendstück muss in diesem Jahr ausfallen, weil technische Gründe diese Umsetzung mit bis zu drei Vorstellungen am Tag und Massen von Schülern nicht zulassen. Doch eine der wichtigsten Kinderbuchfiguren wird dennoch über die Bühne hopsen: Pippi Langstrumpf, von Astrid Lindgren vor 75 Jahren erschaffenen Figur, wird im November unter der Regie von Jette Steckel zeigen, was Freiheit, Unangepasstheit und Stärke bedeuten.
Zur neuen Saison gibt es auch eine ganze von Veränderungen im Ensemble. Mit Felix Knopp, Hans Löw und Ole Lagerpusch kehren drei Schauspieler zurück, die schon früher zum Ensemble des Thalia Theaters gehört haben. Aus Frankfurt/Oder kommt mit Stefan Stern ein weiterer erfahrener Akteur. Auch drei junge Schauspieler*innen hat Joachim Lux mit Maike Knirsch, Lisa-Maria Sommerfeld und Johannes Hegemann engagiert. Verlassen werden das Hamburger Theater Marie Löcker, Marie Jung, Thomas Niehaus und Paul Schröder.
Der Vorverkauf für die Veranstaltungen beginnt sofort. Es werden jedoch nur Karten bis zum 13. September verkauft. Dahinter steckt die Hoffnung, dass es weitere Lockerungen in Bezug auf die Corona-Krise geben wird und das Thalia Theater zu einem normalen Spielbetrieb zurückkehren kann.
Weitere Infos und Karten unter www.thalia-theater.de